Sonntag, 16. September 2007

Jangtse

11.09 bis 15.09


Der Jangtse - mystisch & idyllisch oder ernüchternd & verschmutzt?

Nach einer 24-stuendigen Zugfahrt bin ich in Yichang angekommen, die Stadt in der ich eine 4-taegige Bootsfahrt über den Jangtse nach Chongqing angetreten habe. Die Zugfahrt war eigentlich recht angenehm, außer dass ich im ersten Abteil neben den Toiletten war. Chinesen haben die dumme Angewohnheit, regelmäßig zu spucken, und suchen dafür das Waschbecken auf (im Restaurant oder Internet-Cafe wird aber auch schon mal einfach auf den Boden gespuckt). Das Spucken an sich ist dabei gar nicht so schlimm, sondern das Geräusch, mit dem der Spuckende vorher leidenschaftlich seinen Rachen durchbläst, ekelhaft!

Bevor es aufs Boot ging, habe ich noch einen Abend und eine Nacht in Yichang verbracht. Obwohl es keine kleine Stadt ist (ca. 0.4 Mio. Einwohner), habe ich dort keinen anderen Touristen/Westler gesehen. Aufgrund der Blicke der Leute kam ich mir mal wieder sehr exotisch vor.

Am nächsten Tag sollte ich angeblich um 10 vom Hotel abgeholt werden, um 12 kam dann endlich jemand. Unterwegs zum Tourbüro, holten wir noch zwei andere Backpacker ab (juhuuu, ich bin nicht der einzige Westler auf dem Boot). Nachdem wir die Restzahlung geleistet haben, hieß es, kommt in drei Stunden wieder. Drei Stunden später wurden wir in ein anderes Büro gefahren, wo es hieß, kommt in zwei Stunden wieder. Gegen sieben Uhr traten wir dann endlich den einstündigen Transfer zum Boot an. Geile Organisation kann man dazu nur sagen!

Endlich konnten wir an Bord gehen, wobei das sehr ernüchternd war. Es ist ja bekannt, dass Fotos aus Reiseprospekten nicht der Wahrheit entsprechen, aber bei den Chinesen ist der Unterschied noch krasser. Da die chinesischen Passagiere alle so gut drauf waren und sich trotz der schäbig bis kitschigen Einrichtung begeistert ihren Brett- und Kartenspielen, dem Teetrinken und den Sonnenblumenkernen widmeten, beschloss ich, meine deutsche Beschwerdementalität zu ignorieren und das Beste aus der Zeit auf dem Kahn herauszuholen. Allerdings ging mir die chinesische Fröhlichkeit schon bald sehr auf die Nerven. Das Wort Rücksicht scheint den Genossen ein Fremdwort zu sein. In der Kajüte wird geraucht, irgendwo ist immer einer der gerade seinen Rachen durchbläst, morgens um 6 Uhr der Fernseher aufgedreht und sich lautstark unterhalten. Wenn ein Landgang oder Ausflug ansteht, laufen alle wie aufgedrehte Hühner zum Ausgang und drängeln als würde das Schiff brennen. Wie gesagt, die Chinesen hatten alle einen Riesenspaß, aber für mich, der ich deutsche Ordnung gewöhnt bin, war es nicht wirklich entspannend.

Der Jangtse, ein mehr als 6.000 Kilometer langer Fluss, ist sozusagen die Lebensader Chinas. Sämtliche Frachter, Fischerboote und Passagierboote konnte ich darauf sehen. Aber auch jede Menge Städte, deren Einwohner teilweise (ca. 2 Mio.) aufgrund des Drei-Schluchten-Damms umgesiedelt werden müssen (die Besichtigung des Damms habe ich bei der Abreise leider aufgrund von mangelhaften Informationen verpasst). Gleichzeitig sieht man aber auch Industriekomplexe unmittelbar am Fluss. Die vielen alten verrosteten Kähne lassen nicht gerade auf eine umweltfreundliche Verbrennung schließen. Das alles ist auch die offensichtliche Erklärung für die braune Brühe namens Jangtse. Der ständige Nebel, der vermutlich auch durch eine gehörige Menge Smog verursacht wird, führt nicht zur Verschönerung des Bildes bei.

Ich fasse es mal so zusammen: Es war eine interessante Erfahrung, aber mit schön oder gemütlich hatte das nichts zu tun. Von wegen idyllische Fluss-Bootsfahrt. Zum Glück waren noch die dänischen Backpacker an Bord, mit denen ich die Zeit mit Schachspielen vertrieben habe. Wir sahen mit Freude der Ankunft entgegen.

2 Kommentare:

michl hat gesagt…

hey erich mein alter! ich bins der michi aus der schweiz! endlich hab ich mir mal zeit genommen deine blogs anzuschauen! mich frierts über den ganzen körper wenn ich deine einträge lese! echt cool, ausser das mit deinem geldbeutel, aber eben... mein reisefieber kriegt grad wiedermal einen schub wenn ich deine zeilen lese. ja, bei uns wirds schon wieder herbstlich erich. wie lange hast dann überhaupt noch zeit? freue mich jedenfalls wenn du was vo dir hören lässt wenn du wieder in germanien weilst! allerliebste grüsse auch von scilla! und spuck doch noch einen chinesen an von mir, bitte! tschau, michi

Anonym hat gesagt…

Hey Michl!

Geiler Eintrag, geiler Kommentar ...