Freitag, 31. August 2007

Mongolei

22.08 bis 31.08

Acht Tage lang ging es mit dem Jeep durch die mongolische Steppe

Wir kamen um sieben Uhr morgens in Ulaanbaator an, und ich checkte mit den Spaniern im gleichen Hostel ein. Die Uebernachtung kostete nur 5 USD, was endlich ein richtig guenstiges Land war, nach dem westlichen Preisniveau in Russland. Dieser Tag war ein richtiger Arbeitstag, da es fuer mich einiges zu organisieren gab. In der Bank habe ich neue Traveller Cheques beantragt, und bereits am naechsten Tag neue erhalten. Dann habe ich Passfotos gemacht und bei der chinesischen Botschaft meine Unterlagen fuer das Visa eingereicht. Nach Telefonaten mit der Sparkasse habe ich mitbekommen, dass die Mastercard einen 48 Stunden Ersatzkarten-Sevice anbietet. Also habe ich mit der entsprechenden Hotline in den USA telefoniert. Allerdings bekam ich dann irgendwann mal mit, dass das Hostel lediglich eine Strassenadresse hat, aber keine Postadresse. Somit faellt dieser Service erst mal fuer mich aus, und ich werde es in Peking noch mal versuchen. Mit meinen neuen Traveller Cheques und dem vorgestreckten Geld von Jordi konnte ich erst mal einige Tage ueberleben. Ach ja, und ein neues schoenes Portmonee habe ich mir auch noch gekauft.

Am naechsten Tag ging dann unser Trip los. Acht Tage mit dem Jeep durch den Westen der Mongolei. Und wir waren direkt begeistert, von der schoenen saftigen und bergigen Landschaft die aussah, wie von einem gruenen Teppich ueberzogen. Zwischendurch immer wieder Schaafe, Ziegen, Pferde, Yaks und Kamele. Dann hier ein Dorf, und da einzelne Nomadenzelte (Jurten). Ich war immer wieder vom Orientierungssinn unseres Fahrers beeindruckt, der sich in dieser strassenlosen "Pampa" zurechtfand. Lediglich ca. 30 Prozent unserer Strecke war asphaltiert. Der Rest war unbefestigte Strasse oder Offroad. Dabei haben wir auch mehrere Fluesse durchquert. In der Mongolei gibt es keine Strassen, sondern nur Richtungen.

Waehrend dem Trip sind wir immer in den Jurten untergekommen. Die Uebernachtung inkl. Halbpension kostete ganze 3 USD. Wobei der Service natuerlich sehr eingeschraenkt war. Zum Glueck hatten wir gutes Wetter und das Bad im Fluss bzw. im See war nicht all zu kalt. Das Essen war zwar eine Horizonterweiterung fuer die Geschmacksnerven, aber lecker war es nicht wirklich. Am letzten Abend musste ich wegen Magenproblemen etwas frueher ins Bett, war aber am naechsten Tag gluecklicherweise wieder richtig fit.

Am Anfang des Trips haben wir die Strapazen der Jeep-Fahrt noch gut weggesteckt, weil die Landschaft neu und sehr beeindruckend war. Aber gegen Ende wurde die Schaukelei immer anstrengender. Es war so holprig, dass es auch vorkam, dass man mit dem Kopf gegen die Decke gestossen ist. Zurueck in Ulaanbaator gab es nun einen ganzen Tag bis zur naechsten Zugfahrt. Also habe ich mein chinesisches Visa abgeholt und einen neuen internationalen Studentenausweis (ISIC) besorgt, der sehr oft zu ermaessigten Eintritten berechtigt. Dafuer bin ich zur Uni gegangen und wurde von verschiedenen Dozenten ueber den halben Campus gefuehrt, bis ich endlich an der richtigen Stelle war.

Juan, einer der Spanier, ist ein semiprofessioneller Fotograph. Einen Blick auf die Bilder aus der Mongolei auf seiner Homepage kann ich nur empfehlen: http://www.joanubide.com/portfolio-en/?album=mongolia_web&language=en (in manchen Fällen muss der Link manuell kopiert und im Browser eingefügt werden)

Mittwoch, 22. August 2007

Irkutsk -> Ulaanbaatar

20.08 bis 22.08
Es wurde etwas internationaler auf der Streck Russland -> Mongolei

Vor allem erstmal vielen Dank fuer die angebotene Hilfe in den Kommentaren. Nachdem ich, emotional benommen, meinen Platz im Zug eingenommen habe bin ich im Zugwaggon auf die gleiche Hilfsbereitschaft in der "Traveller-Community" gestossen. Sunil - der in den USA lebende Inder, Fabiano - der deutschssprechende Brasilianer, Christian - der Italiener und Jordi der Spanier, sie alle boten mir an, mir ggf. Geld vorzustrecken. Nach dem Schock vor dem Einsteigen, tat es ganz besonders gut, von diesen Menschen umgeben zu sein.

Die Herkunft der Passagiere hat sich stark geaendert. Waehrend ich auf der Strecke von Moskau nach Irkutsk das Gefuehl hatte, der einzige nicht-Russe zu sein, waren jetzt auf der Strecke von Irkutsk nach Ulanbaatar die Traveller in der Mehrzahl. Meine Abteil-Kollegen waren jetzt ein Brasilianer und ein junges Paar aus Oesterreich. Weil der Brasilianer perfekt deutsch sprach, wurde sogar auf deutsch kommuniziert. Aber natuerlich waren im Waggon auch Mongolen und Russen anzutreffen.

Der Inhalt der Gespraeche auf den Fluren war natuerlich meistens von Reisegeschichten gepraegt. Die einen reisen lediglich 3 Wochen und die anderen haben noch gar kein konkretes Ende in Sicht. Und wenn die Kameraden von anderen Laendern schwaermen, dann faellt es nicht schwer, naechste Ziele auf seine persoenliche Reiseliste zu setzen.

Am Mittag des naechsten Tages erreichten wir dann die russische Grenze. Ausser, dass Waggons an- und abgehaengt wurden, und die Lok hin- und her rangierte, passierte erst mal 3 Stunden lang nichts. Schliesslisch wurden wir in die Waggons gebeten, und kurz darauf erschienen die russischen Zollbeamten und sammelten unsere Paesse ein.

Die Reisekollegen und ich hatten darauf spekuliert, dass ich vielleicht in einem russischen Arbeitslager enden werde. Ich hatte naemlich festgestellt, dass meine Einreisebestaetigung und meine Registrierung (musste ich in St. Petersburg machen und kostete mich ca. 25 Euro. Einzuordnen als altsovjetische Schikane bzw. Bewegungskontrolle. Bewirkt unter Travellern eine grosse Ungewissheit, wie und ob es ueberhaupt wichtig ist) ebenfalls im Portmonee und somit nicht mehr da waren. Ich haette noch nicht mal eine Geldstrafe zahlen koennen, weil ich schliesslich nichts hatte. Dementsprechend war ich sehr ueberrascht, als mir der Zollbeamte kommentarlos meinen Pass zurueckgab.

Danach marschierten die Zollbeamten den Waggon-Flur auf und ab, klopften paar Abdeckungen ab, schauten in Ablagen und checkten stichprobenartig - vor allem bei Russen und Mongolen - das Gepaeck. Dabei habe ich beobachtet, dass die Jungs und Maedels von der Grenze ihre funktionale Macht zelebrieren. Und vor allem sind die Prozeduren eine bierernste und ausgedehnte Angelenheit, bei der sehr sehr ernste Mienen aufgesetzt werden. Wir haetten ja fast gezittert bei diesem Kasperle-Theater :-)

Und das war erst Teil Eins. Die mongolische Grenze hatten wir noch vor uns. Also das ganze Prozedere noch mal, allerdings ein Tick freundlicher als bei den Russen. Alle bekamen ihre Paesse zurueck. Ausser die beiden Spanier und ich. Mein Reisepass sei "zu verschlissen" und ich muesse eine Strafe von 40 USD zahlen. Da es aber schwierig ist, einem blanken Mann in die Taschen zu greifen und ich von meinem geklauten Portmonee erzaehlte, setzte die Dame schliesslich etwas missmutig den Stempel in meinen Pass. Die Spanier mussten den Zug verlassen, da sie versehentlich 4 Tage vor Gueltigkeit des Visas einreisen wollten. Nach langem hin- und her, Telefonaten und Verhandlung durften die beiden fuer eine 40 USD Geldstrafe wieder in den Waggon, begleitet von einem "Welcome back" aller Passagiere.

Das die Spanier wieder zurueckkamen, war auch fuer mich von Vorteil. Ich hatte mich naemlich bereits vorher mit Ihnen und dem Italiener auf einen gemeinsamen Trip in der Mongolei geeinigt. Ausserdem wollte ich auf Jordi's Angebot zurueckgreifen, mir Geld vorzustrecken.

Nach insgesamt 11 Stunden an den Grenzen ging es endlich weiter. Und die Landschaft aenderte sich fast schlagartig. Die sehr eingeengte Sicht auf die russische Taiga verwandelte sich in die bergige Weiten der mongolischen Steppe. Nach einer geselligen und gemuetlichen Runde im Abteil, ging es in die zweite Nacht.

Am naechsten Morgen um 7 Uhr Ortszeit erreichten wir dann Ulaanbaatar, die Hauptstadt der Mongolei.

Irkutsk & Baikalsee

18.08 bis 20.08


Ich bin am Samstag frueh um 3 Uhr in Irkutsk eingetroffen. Meine Gastgeberin war so nett, mich mitten in der Nacht am Bahnhof abzuholen. Am naechsten Tag stand Geld besorgen und Zugticket buchen an. Dabei ist es sehr praktisch, wenn man auf Locals zurueckgreifen kann. Ina, die Gastgeberin ist eine nette und hilfreiche Dame, die allerdings so schuechtern war, dass es mir unangenehm wurde. Ich wollte aber sowieso an den Baikalsee und Irkutsk ist mit seinen 70 Kilometern Entfernung sozusagen das Tor dazu. Also bin ich mit dem Bus dorthin gefahren. Als man endlich den Blick auf den See erhaschen konnte, habe sich alle zu den Fenstern gestreckt. Es ist eben ein ganz besonderer See, mit seiner ca. 600 KilometernLaenge, 1.700 Metern Tiefe und dem extrem sauberen Wasser. Dort angekommen, habe ich eine Unterkunft (ein Homestay) organisiert und bin am See entlanggeschlendert. Dabei formierten die Wolken einen ganz besonderen Hintergrund zum See. Am naechsten Tag bin ich gewandert und habe eine geniale Aussicht auf den See genossen.

Am Abend wollte ich eigentlich mit der "Raketa" zurueck nach Irkutsk fahren. Die Raketa ist ein sehr schnelles Passagierschiff. Erst kam es 15 Minuten zu spaet und dann hiess es auch noch, dass es voll ist und keine Personen mehr aufgenommen werden. Also fiel dieses Erlebnis aus. Im Chaos der wartenden Leute, die alle zurueck nach Irkutsk wollten, habe ich dann Lucca und Jeremy kennengelernt. Zurueck in Irkutsk, habe ich ihrem Hostel eingecheckt und wir hatten einen geselligen Abend.

Der Montag war dann gemuetlich. Bin durch Irkutsk geschlendert, habe mein Tagebuch und Blog gepflegt, und auf den Abend gewartet, weil um 20:40 Uhr die Zugabfahrt nach Ulan-Baator (Mongolei) anstand.

Mit einem Englaender aus dem Hostel bin ich zur Strassenbahn gelaufen, um mit dieser zum Bahnhof zu fahren. In der Strassenbahn haben wir noch zwei weitere Backpacker getroffen, die uns schon mal ueber den Weg gelaufen sind. Wir hatten uns in der vollen Strassebahn nett unterhalten. Bei ein automatischen Routine-Kontrolle meiner Taschen durchfuhr mich ein Schock, da ich mein Portmonee nicht mehr finden konnte. Mein Portmonee, in dem jede Menge Bargeld, reichlich Traveller-Schecks, meine Kreditkarte, EC-Karte, Fuehrerschein und so weiter befindet (intelligente Risikostreuung und keine Plan B .... Viele Jahre unbeschwertes Reisen haben mich zu mangelnder Vorsicht verleitet). In der Panik habe ich laut saemtliches Vokabular auf russisch von mir gegeben, um auf den Diebstahl aufmerksam zu machen und die Hilfe der anderen zu hoffen. Allerdings waren die Passanten lediglich um guten Halt bemueht, oder schauten aus dem Fenster. Ich kam mir verdammt hilflos und verloren vor. Ich hatte einen Hauptverdaechtige, deren Tasche in durchsuchte und ihr auch noch hinterherlief, allerdings war der Geldbeutel wohl schon in ganz anderen Haenden. Diese Unaufmerksamkeit und Unfaehigkeit, die Situation noch zu retten, muss man sich erst mal vergeben koennen. Diese Szene lief noch Tage vor meine geistigen Linse ab.

Was macht man im Ausland ohne Kohle und ohne irgendeinen Zugang zu Geld. Der Englaender war so nett, mit 300 Rubel zu geben (ca. 8 Euro). Zum Glueck hatte ich mein Reisepass und meine Zugticket noch, sodass ich die Zugreise antrat, wobei ich erstmal noch geistig benommen war von dem dummen und belastenden Ereignis. Wie geht es weiter? Schliesslich steht noch mehr als die Haelfte der Reise vor mir und "ohne Moos nicht los".

Ich habe zwar weder das Portmonee noch den Inhalt zurueckerhalten, aber es ging weiter. Schliesslich darf man sich von den Paar Spielverderbern auf dieser Welt nicht die Laune verderben lassen. Ich selber neig(t)e auch dazu, deswegen ganz Russland "sch...." zu finden. Allerdings gab es am Anfang geniale Zeiten, mit super Gastgebern wie Alexey, Alla, Evgeni und Ina, die ich an dieser Stelle nicht vergessen moechte. Wie es weiterging, ... im naechsten Blog.

Montag, 20. August 2007

Moskau - Irkutsk

14.08 bis 17.08 (5.000 KM, 91 Stunden, 5 Zeitzonen)

Meine Abteilkollegen. Nach einer Stunde bin ich auch mental eingestiegen.

Am 14.08 habe ich um 13 Uhr den Zug bestiegen. Endlich war es soweit. Das Ticket habe ich mir drei Tage vorher mit Hilfe meines Gastgebers am Bahnhof gekauft. In den Zug kommt man nicht so einfach, weil die Provodnitza (Schaffnerin) an der Tuer steht und vorher die Tickets prueft. Diese Pruefung habe ich bestanden und habe sogleich mein Abteil aufgesucht. Das Feeling in der ersten Stunde war sehr ernuechternd. Mit Abenteuer und Begeisterung hatte es erst mal gar nichts zu tun. Mir begegnete ein Interieur welches eher schlechte Laune verursacht. Die Passagiere im Zug hatten ganz furchtbare Jogginghosen an, die bei zu langer Betrachtung vermutlich Augenkrebs verursacht haetten. Aus den Boxen schepperte seltsame Musik. Von russischen melancholischen Liedern bis hin zu alten Hits wie Modern Talking's "Brother Lui", Ace of Base's "Wheel of fortune" oder Bonny M's "Daddy Cool". Ausserdem war es extrem heiss bei der Abfahrt, knapp 30 Grad Celsius, sodass ich schweissgebadet war. Soviel zum ersten Eindruck. Von wegen"Romantik, Mythos und Abenteuer Transsib".

Eine Stunde spaeter hat sich meine Sicht etwas vernebelt. Meine Abteilkollegen stellten sich vor. Andrey, Dimitri und Tatjana aus Mokau waren auf dem Weg in den Urlaub. Eine Flussreise in Norden, welche in Krasnojarsk beginnt. Der Tisch war brechend voll mit Schaschlick, Salami, gebratenem Fisch, Tomaten und Gurken. Dimitri's Frau Olga und Tochter Anna vom Abteil nebenan gesellten sich auch noch dazu. Sie luden mich ein, an der Schlemmerei teilzunehmen. Dann packte der Andrey eine 3 Liter Flasche Kwas aus, ein gewoehnungsbeduerftiges nationales alkoholfreies Getraenk. Er hat den Geschmack sehr gelobt und das Einschencken war eine kleine Zeremonie. Als er aber allen nur recht wenig eingoss, und meine Nase einen starken Geruch wahrnahm, vermutete ich etwas. Es war kein Kwas sondern selbstgebrannter Vodka. Er bezeichnete ihn zwischendurch auch als Lecarstwa (Arznei). Dann gab es die erste Runde, die zweite usw.. Auf einmal passte alles zusammen. Die Musik, das Interieur, das Outfit der Leute, die Luft. "Mythos Transsib", jetzt bin ich auch mental eingestiegen.

Ich hatte mich eigentlich darauf eingestellt, mich bei den vielen Stopps immer am Bahnsteig zu versorgen, wo saemtlicher Bedarf gedeckt werden kann. Allerdings bescherten mir meine neuen Freunde eine Vollversorgung. Brei zum Fruehstueck und sonst Fleisch, Fisch, Salami und Gemuese. Ich habe zwischendurch am Bahnsteig Bier und Haehnchenschenkel besorgt und beigesteuert, um nicht ganz so beschaemt dazustehen.

Im Gang ist vor allem den Kindern aufgefallen, dass ich kein russisch spreche. Also hatte ich sie regelmaessig um mich, aufgrund ihrer guter Absicht, mir russisch beizubringen. Sie zeigten auf verschiedene Gegenstaende und sagten mir das russische Wort dazu.

In Krasnojarsk stiegen meine Freunde aus, und Irina, eine sehr schweigsame, teilte jetzt das Abteil mit mir. Also kam ich auch mal zum lesen und zum hoeren des interessanten Stoffs auf meinem MP3.

Montag, 13. August 2007

Megametropole Moskau

09.08 bis 14.08
Mein Gastgeber Evgeni und ich auf dem roten Platz


Nach sieben Stunden Zugfahrt habe ich Moskau erreicht. Dank einer guten Wegbeschreibung von Alla, meiner naechsten Gastgeberin, konnte ich sie gut finden. Ausserdem dank eines Semesters Russisch an der Uni, welches mir den Zugang zum kyrillischen Alphabet und einigen Vokabeln verschaffte. In der Metro und auf Strassenschildern ist naemlich die Beschreibung mit lateinischen Buchstaben eher die Ausnahme. Das Personal, z.B. am Metro-Schalter, am Kiosk oder in der Wechselstube, ist der englischen Sprache in der Regel nicht maechtig.

Und wieder war ich begeistert von der Idee des Hospitality-Club. In dieser 10 Mio. Einwohner Stadt, von denen ich keinen kenne und die fuer mich alle Anonym sind, habe ich einen Stunde nach Ankunft gemuetlich mit Alla und ihrem Freund Dima beim Abendessen gesessen und mich sehr wohl bei ihnen gefuehlt. Ausserdem haben wir uns dermassen festgequatscht, dass es gleich mal 2 Uhr morgens wurde, bis wir uns in die Waagrechte begeben haben. Alla und Dima sind beide Mitte 20. Er ist Fotograf und sie arbeitet in einer Reiseagentur. Der gemeinsame Nenner bei Gespraechen ist natuerlich die Reiserei, ueber die es immer etwas auszutauschen gibt. Dima z.B. hat mal mit Freunden im Sommer einen Monat in Deutschland verbracht, wo sie in Einkaufszonen musiziert und somit Ihr Einkommen ein wenig aufgebessert haben.

Weil Alla und Dima am Wochenende fuer einen Kurztrip in die Ukraine aufbrachen, musste ich mir neue Gastgeber suchen. Also verabredete ich mich fuer Freitag Mittag mit Evgeni. Vorher habe ich bei der mongolischen Botschaft mein Visa beantragt. Das Treffen mit Evgeni hat geklappt und er selbst ist ein prima Bursche. Er ist in meinem Alter, hat Jura studiert, und arbeitet fuer eine Agentur die russischen Staatsbuerger im Ausland bei der Geltendmachung von Rentenanspruechen unterstuetzt. Aus diesen Gruenden ist er regelmaessig in Israel. Als er gleich am Anfang recht detailiert von seinen Aufgaben, und der in Aussicht stehenden Betreuung von Russen in Deutschland, hatte ich fast vermutet, dass er irgendwelche Geschaeftsbeziehungen mit mir aufbauen will. Aber diese Vermutung hat sich nicht bestaetigt, und ist mittlerweile beschaemend, da er einfach ein extrovertierter und geselliger Top-Gastgeber war, mit dem ich durch die Stadt gestrollt bin, guten Austausch hatte und der mir einen Grossteil seiner Freunde vorgestellt hat. Weder Kultur noch Party kam in dieser Zeit zu kurz.

Klischees
In Russland gehoert es zur guten Art, mit einer Dose oder Flasche Bier durch die Stadt zu laufen. Man sieht den Pendler am Morgen in der Bahn, der Anzugtraeger am Mittag im Zentrum und vermutlich mehr als die Haelfte der Passanten am Abend ausgestattet mit diesem Accessoire. Wenn sich die Treppen zu den Metro's am Abend in eine Flaschensammelstelle verwandeln, ergibt sich ein eher haessliches Bild.

und so weiter
Am Dienstag setze ich mich in den Zug und komme 5.000 KM weiter am Freitag in Irkutsk an, wo der Gastgeber auch schon so gut wie organisiert ist. Das Ticket fuer die Strecke kostet ca. 220 Euro.

Freitag, 10. August 2007

Praechtiges St.Petersburg

06.08 bis 09.08
Mein Gastgeber Alexey mit seiner Freundin auf der Strasse im Zentrum Nevsky Prospekt

Vor allem bin ich erst mal von der Idee des Hospitality Clubs begeistert. Ich habe mit Alexey, einem 24 jaehrigen Einheimischen eine Uhrzeit und Ort in der City ausgemacht. Ich wusste nicht, ob es klappt und ob ich mit dem Unbekannten zurechtkommen werde, und ob man sich nicht gegenseitig auf die Nerven geht. Er kam zwar nicht puenktlich, was mich kurz besorgte, aber dann stand er auf einmal mit seiner Freundin vor mir, und sie waren mir auf anhieb sympathisch.

Alexey lebt mit seinen Eltern und seinem juengeren Bruder in einer Wohnung im Sueden der Stadt, ca. 1 Stunde Metro+Bus von der City entfernt. Auch vom Rest der Familie wurde ich freundlich empfangen. Ich durfte im Wohnzimmer residieren. Alexey musste von 9 bis 19 Uhr arbeiten, und somit bin immer morgens mit ihm in die Stadt gefahren und abends zusammen zurueck. Tagsueber habe ich mein eigenes Ding gemacht, und abends etwas gemeinsam, d.h. mal durch die Stadt schlendern oder mal einfach zu Hause hocken und labern.

St.Petersburg mit dem Fluss, den vielen Kanaelen und Prachtbauten, den weitlaeufigen Strassen und dem Winterpalast mit der integrierten Ermitage ist wirklich beeindruckend. Beim Besuch des Winterpalasts ging ich vor lauter Raeumen fast verloren und hatte vor lauter Ueppigkeit fast eine Reizueberflutung.

Klischees
Ich muss ja zugeben, dass sich einige Klischees bewahrheitet haben. Die strenge und straffreudige Polizei zum Beispiel: Als Alexey und Freundin die Metro-Station mit Eis betraten, hat ein Polizist ihnen gleich die Leviten gelesen und Strafgeld kassiert. In einer Fussgaengerzone konnte ich den brutalen Umgang der Polizei mit Besoffenen beobachten. Die hohe Polizei-Praesenz ist auffallend: In Parks, an Kreuzungen, in Fussgaengerzonen und vor manchen Gebaeuden.

Begegnungen
Am Donnerstag, dem letzten Tag in St.Pete, habe ich die St.Isaaks Kathedrale bestiegen und den Ausblick auf die Neva (Fluss) und die Stadt genossen. Dabei bin ich mit dem "Waechter" dort oben ins Gespraech gekommen, dessen aeusserliche Erscheinung von einem schweren Leben zeugte. Er konnte sogar deutsch und war auch noch gerade dabei, mithile des Woerterbuchs Vokabeln zu pauken. Sein deutsch war wirklich nicht akzentfrei, aber dafuer die Grammatik korrekt. Er holte eine monatlich erscheinende deutschsprachige St.Petersburger Zeitung aus seiner "Waechterbude", die kuerzlich eine Erzaehlung von ihm veroeffentlicht hat. Darauf war er sehr stolz, erst recht, weil er wenig Bildung und schon gar nicht studiert, sondern sein Geld mit niederen Arbeiten verdient hat, wie er sagte. Eine weitere Erzaehlung hat er auch schon verfasst und hofft auf die Begegnung mit einen Touristen, der diese im Ausland veroeffentlicht.
Ich bin zwar nicht der Tourist, der ihm diesen Traum erfuellt, aber es war eine interessante Begegnung.